
Als Unternehmer bin ich es gewohnt, mit klaren Zahlen zu arbeiten. Und fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts sind eine klare Ansage. Nicht für Digitalisierung. Nicht für Bildung. Nicht für Innovation. Sondern für Rüstung.
Was bedeutet dieser NATO-Beschluss für uns in Deutschland – für die Wirtschaft, den Mittelstand, für unsere Zukunft? Für mich klingt das weniger nach einer strategischen Neuausrichtung als nach einem geopolitischen Deal: Wir zahlen, damit die USA – unter Präsident Trump – der Ukraine weiterhin den Rücken stärken. Und damit Amerika bei der NATO bleibt.
Natürlich müssen wir Europa verteidigen. Und ja, Putin hat die Spielregeln auf dem Kontinent verändert. Aber müssen wir dafür einfach mehr vom Alten tun? Mehr Panzer, mehr Munition, mehr Geld? Ist das die moderne Antwort auf hybride Bedrohungen und geopolitische Instabilität? Ich sehe in meinem Unternehmen, was nötig ist, um in einer komplexen Welt zu bestehen: Agilität, Kreativität, Investitionen in Menschen, in Wissen, in Technologie. Wo bleibt all das bei der neuen deutschen Sicherheitsarchitektur?
Denn eins ist klar: Dieses Geld fällt nicht vom Himmel. Schon jetzt geht ein Drittel der Staatsausgaben in die Rente. Die Klimakrise wartet nicht, bis wir unsere Leopard-Panzer fertig gebaut haben. Der Fachkräftemangel ist real – nicht nur in der Bundeswehr, sondern in fast jedem Betrieb. Wenn Friedrich Merz jetzt verspricht, es gehe um mehr als nur „mehr Geld“ – dann muss dieses „Mehr“ auch konkret werden: europäische Kooperation statt nationaler Alleingänge, neue Technologien statt alter Waffensysteme, Ausbildung und Personalaufbau statt Bürokratie.
Was mir fehlt: die Perspektive. Wie sieht die Welt aus, in der wir nach diesen Investitionen leben wollen? Ist Sicherheit wirklich nur eine Frage von Rüstungsstückzahlen? Oder müssen wir Sicherheit breiter denken – ökonomisch, ökologisch, sozial? Wir hatten schon einmal einen Rüstungswettlauf. Der hat niemanden wirklich sicherer gemacht. Im Gegenteil. Was bringt uns also dazu, die gleiche Strategie erneut zu fahren – in einer Welt, die völlig anders tickt?
Vielleicht müssen wir das neue Verteidigungsbudget tatsächlich wie eine Versicherung betrachten. Doch jede Versicherung hat eine Prämie – und ein Limit. Was darf sie kosten? Was kann sie leisten? Und vor allem: Gibt es vielleicht auch andere Wege, das Risiko zu senken? Andere Länder stehen vor den gleichen Fragen. Nur: Noch ist keine Rede davon, woher die Lösung kommen soll. Von einer europäischen Verteidigungsstrategie ist viel die Rede – aber wenig zu sehen. Vom deutschen Innovationsgeist auch.
Wie sieht Sicherheit im 21. Jahrhundert aus – und wer hat den Mut, das neu zu denken?