
Lange Zeit galt die Familie als kleinste wirtschaftliche und soziale Einheit der Gesellschaft. Man hat sich gegenseitig gestützt – nicht nur emotional, sondern auch ganz konkret: Im Alter, bei Krankheit, bei der Kinderbetreuung oder in wirtschaftlich schwierigen Zeiten war die Familie das Auffangnetz. Man war füreinander da, nicht weil es ein Gesetz verlangte, sondern weil es selbstverständlich war.
Heute übernehmen viele dieser Aufgaben staatliche Systeme. Das ist in vielerlei Hinsicht ein echter Fortschritt: Wir leben in einem Land, das soziale Sicherheit bietet, das Menschen unterstützt, wenn sie nicht weiterwissen, und das Schutz garantiert, wo früher oft Unsicherheit herrschte.
Aber: Wir erleben gerade, wie diese Systeme an ihre Grenzen kommen. Rentenversicherung, Gesundheitswesen, Pflege – viele Bereiche stehen kurz vor dem Kollaps. Nicht, weil sie schlecht gedacht waren. Sondern weil sie über Jahrzehnte immer weiter ausgebaut wurden, ohne die Eigenverantwortung des Einzelnen wirklich mitzudenken und im System zu verankern.
Es wirkt manchmal so, als wolle der Staat eine Art „betreutes Leben“ etablieren: möglichst viele Förderungen, möglichst viele Absicherungen – aber auch immer mehr Vorgaben, immer mehr Auflagen, immer weniger Vertrauen in die Entscheidungskraft des Einzelnen.
Dabei sind Menschen kluge, kreative, verantwortungsbewusste Wesen. Wir können denken. Wir können handeln. Und wir wollen gestalten. Gerade wir Unternehmer wissen, was entsteht, wenn man Menschen zutraut, selbst Lösungen zu finden.
Eine Familie funktioniert dabei – in vielerlei Hinsicht – wie ein kleines Unternehmen: ein Familienbetrieb. Beide haben sie ökonomische Herausforderungen zu bewältigen – sei es das Haushaltsbudget oder die unternehmerische Liquidität. Und beide tragen soziale Verantwortung – für das Miteinander, für den Nachwuchs, für das Gemeinwohl im Kleinen wie im Großen. Die Parallelen zwischen unternehmerischer Tätigkeit und familiärem Zusammenhalt sind zahlreicher, als man auf den ersten Blick meinen mag. Deshalb lohnt es sich, diesen Gedanken nicht nur im privaten, sondern auch im gesellschaftlichen Kontext ernst zu nehmen: Wer Eigenverantwortung lebt, kann Verantwortung übernehmen – im Unternehmen, in der Familie, in der Gesellschaft.
Ein Blick in unsere Nachbarländer zeigt: Es geht auch anders. In den skandinavischen Ländern etwa wird der Staat nicht nur als Versorger verstanden, sondern als Ermöglicher – er schafft Strukturen, die Menschen ermutigen, Verantwortung zu übernehmen, sich zu engagieren, füreinander da zu sein. Auch in den Niederlanden oder in der Schweiz finden wir Modelle, die Eigeninitiative und Gemeinschaftssinn gezielt fördern, statt sie durch Überregulierung zu ersticken.
Vielleicht ist es Zeit, die Familie – im weitesten Sinne – wieder als Teil der Lösung zu begreifen. Nicht aus nostalgischer Verklärung heraus, sondern weil wir neue, resiliente Strukturen brauchen, die zwischen Eigenverantwortung und staatlicher Absicherung balancieren. Strukturen, die der Realität unseres Lebens entsprechen: vielfältig, modern, vernetzt.
Was wäre, wenn wir wieder mehr Gemeinschaft wagen? Nicht als Ersatz für den Staat, sondern als Ergänzung. Was wäre, wenn wir Systeme schaffen, die Menschen aktivieren, anstatt sie zu passivieren?
Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, ein neues Gleichgewicht zu finden – zwischen Freiheit und Sicherheit, zwischen Unterstützung und Eigenverantwortung.
Die Zeit dafür ist jetzt.